Vor einigen Monaten offenbarte mir eine nah stehende Person, sie müsse mir etwas mitteilen. Sie hätte die Eingebung gehabt, mir unbedingt sagen zu müssen, ich solle "den Krieger in mir rauslassen". Sie hätte mich vor ihrem inneren Auge gesehen, im Wald, einen Baum umarmend. Verdutzt, nachdenklich, aber überaus dankbar und inspiriert, schoss mir diese Aussage durch den Kopf. Der erste Reflex war Abwehr: Nein, ich bin kein Krieger, will nichts mit Gewalt zu tun haben, charakterisiere mich nicht dementsprechend und werde eine solche Seite in mir ganz sicher nicht bewusst nach außen kehren! Da mir das, was diese Person zu mir sagt(e) aber noch nie egal war, beschloss ich, mich beim Zehn-Minuten-Schreiben (es wurden fünfundzwanzig) auf diese Aussage zu besinnen:
>> Was macht ein Krieger, was ist typisch für ihn? Er tötet, fiel mir als erstes ein, er verursacht Leid - nein, das bin und das will ich nicht. Er gehorcht Befehlen - jeder der mich auch nur ein wenig kennt, weiß die Antwort darauf. Er stellt sich ganz in den Dienst seines "Herrn". Na gut, mache ich. Ich stehe ein für Menschen, die mir nahe sind. Bin ich für sie ein "Krieger"? Aber ich soll ihn "rauslassen". Er ist somit noch nicht präsent, da muss also noch mehr sein... Er kennt sich mit Waffen aus - nee kein Interesse. Was ist ein Krieger denn noch? Er ist mutig. Ja, mutig. Nee Moment, oder dumm? Ist es mutig, in einen Krieg zu ziehen, sein Leben und das vieler weiterer zu riskieren, zu gefährden, zu beenden - für die Interessen irgendwelcher höheren Mächte? Mein Entschluss steht fest; es ist dumm, asozial, ekelhaft! Will ich nicht sein, das kann's also auch nicht sein. Ist ein Krieger überhaupt gleichzusetzen mit einem Soldaten? Nicht zwingend, oder? Weiter. Ein Krieger ist stark. Na gut, wer will das nicht sein. Diszipliniert ist ein Krieger, auch das kann nicht schaden. Er ist kameradschaftlich. Aber Bedarf es denn wirklich der Metapher des "Kriegers", um mir Kameradschaftlichkeit zu suggerieren? Oder ist es das Gegenteil? Muss ich mehr Einzelkämpfer sein? Draufgängerisch, skrupel-, vielleicht sogar manchmal kopflos. All das fällt mir dazu ein. Sehr wenig, eigentlich nichts was ich zwingend als erstrebenswert erachte. Der Krieger muss bereit sein, sein Zuhause zu verlassen und vielleicht nie wieder zurück zu kommen. Er muss sich von seinen Liebsten verabschieden, sie zurück lassen... Hmmm, aber irgendwie muss dieser von mir umarmte Baum, den die liebe Person sah, hier noch mit hinein in die Überlegung. Es geht also nicht um einen modernen "Krieger", einen Soldaten. Es geht schon um einen Kämpfer, das glaube ich gewiss. Aber eher mit der Verbindung zur Natur. Ein Mensch, der die Natur kennt, liebt, sich in ihr wohlfühlt und auskennt. Das hat schon etwas Urzeitliches, aus der Epoche der Jäger und Sammler. Kräuterkunde, Riten, Spiritualität... Ein fühlendes Wesen, eines das die Energien erkennt, den wahren Mächten folgt, im Einklang mit Flora und Fauna. Eigentlich das komplette Gegenteil von dem, was mir zum "Krieger" anfangs in den Sinn kam. Das inspiriert mich, damit kann ich mich anfreunden. <<
Interessanterweise kam eben jene Person im Laufe des Tages nochmals auf mich zu und sagte, sie hätte genau an diesem Vormittag, nachdem sie sich durchgerungen hatte, mir ihre Eingebung ans Herz zu legen, mit einer weiteren Person gesprochen; es ging um Krieger (Zufälle gibt's ja bekanntlich nicht). Und um die Definition des Wortes. Und um die Bedeutung einer solchen Person. Und darum, dass - da dieser Begriff halt sehr negativ besetzt ist - auch gern alternativ das Wort "Hüter" verwendet wird. Das fand ich schön. Das passt zu mir und zu dem, was seit mehreren Monaten in mir aufsteigen möchte. Ich möchte aufhören, Dingen hinterher zu laufen. Ich möchte das was ich bereits habe nutzen, wertschätzen, ehren, ja hüten. Die Angriffslust eines Kriegers möchte ich mir dennoch gern zu eigen machen. Und ein Instagram-Reset war jetzt gerade irgendwie mein erster Schritt. Ich möchte mehr schreiben. Naja, sagen wir mehr veröffentlichen. Ich schreibe recht viele kleine Geschichten, Gedanken, Beobachtungen auf, das soll, es will jetzt alles raus. Ich mache es, weil es mich voran bringt, weil es mir hilft mich zu fokussieren und zu reflektieren. Und weil es mich sehr inspiriert, wenn ich ähnliche Dinge von anderen Menschen lese. Und wenn es auch nur zwei, drei Menschen gefällt was mir so durch Herz, Kopf, Hand in Richtung (virtuellem) Papier fließt, hat das definitiv einen größeren Mehrwert, als wenn alles was ich schreibe in den Notizbüchern bleibt.
Nach meinem Gedanken zum Thema "Krieger" hörte ich mir übrigens das gleichnamige Lied der Fantastischen Vier an, ein Alltime-Favorite von mir. Noch nie zuvor habe ich diesen Text, dieses gesamte Lied so mit wachem Geist aufgenommen und mit dem gesamten Körper gefühlt. Danach war mir alles klar. In diesem Sinne, lasst auch euren Krieger raus!
[29.07.2021]